Den Bauteilen von EBSILON®Professional liegen ursprünglich physikalische Gleichungen zugrunde, die ihre Gültigkeit im stationären Zustand haben. Instationäre bzw. transiente, dynamische Berechnungen sind damit nicht möglich. Viele Bauteile sind darum entsprechend erweitert worden, so dass mit ihnen auch transiente Berechnungen möglich sind. Die ersten verfügbaren instationären Bauteile waren die Speicherbauteile 118 und 119. Mittlerweile sind viele andere Bauteile erweitert worden, so dass mit Ihnen das Wärmespeichervermögen sowohl der im Bauteil sich befindenden Fluidmengen als auch der Massen des Bauteils selbst abgebildet werden können. Auch ein Stromspeicher-Bauteil "Batterie" und entsprechende Regelbauteile (PID) sind vorhanden.
Beispiele für transiente Berechnungen sind das Verhalten von Anlagen über einen gewissen Zeitraum, etwa über einen Tag oder über ein Jahr (Solarkraftwerke) oder über einen kürzeren Zeitraum (Anfahren eines konventionellen Kraftwerks, Laden/Entladen elektrischer Batterien). Will man solche dynamische Abläufe berechnen, ist die Zeitreihen-Berechnung zu benutzen.
Die Steuerung der Berechnung erfolgt über eine der Tabellen, die mit dem Menü "Rechnen" à "Zeitreihe" aufgeschaltet werden. Die Zeitreihenberechnung ermöglicht die Durchrechnung einer Abfolge von Berechnungen für einen vorgegebenen Zeitbereich. Um die Zeit- und Ortsinformationen (Sonnenstand, geografische Position...) zu nutzen, kann es notwendig sein, dass in einem solchen Modell ein Bauteil 117 "Sonne" vorhanden sein muss. Bauteile, die solche Daten benötigen, haben einen Vorgabewert ISUN, mit dem auf ein Bauteil 117 verwiesen wird.
Das Modul "Zeitreihenberechnung" wurde ursprünglich in Zusammenhang mit dem EbsSolar-Modul entwickelt, wird aber für alle transienten Berechnungen genutzt. Das sind auch solche instationäre Berechnungen, bei denen die zeitabhängige Wärmespeicherung in Fluiden und Bauteilen berücksichtigt wird.
Diese Bauteile sind u. a. über Einfügen-->Komponente-->Instationär zu finden. Wenn diese Bauteile für instationäre Berechnungen benutzt werden sollen, müssen zusätzliche Angaben zur Massen-, Wärme- oder Strom-Speicherkapazität (Geometrie, Werkstoffe, Massen, Nennkapazität) des Bauteils gemacht werden.
Auch die Nominalwerte eines solchen Bauteils können nicht leer bleiben - auch dann nicht, wenn die Berechnung nur auf Geometriedaten basiert. Denn bei Teillast in einem Unterprofil kann von einem geometriebehafteten Berechnungsverfahren auf ein nicht geometriebehaftetes Verfahren umgeschaltet werden (oder umgekehrt).
Die Auswahl der zeitlichen Diskretisierung der Wärmeaustauschberechnung wird mit den Vorgabewerten FALGINST, FALG festgelegt (gilt für die Bauteile 9, 20, 119, 126, 160) :
Die Auswahl der räumlichen Diskretisierung (Numerisches Schema) wird mit dem Vorgabewerte FNUMSC festgelegt (gilt für die Bauteile 7, 10, 126)
Bei den Bauteilen 7, 10, 61, 119, 126 sowie Berechnung bei FALG=1 im Bauteil 124 kann man bei numerischer Berechnung (FALG=1) mit dem Schalter FDPNUM die Berechnung des Druckabfalls festlegen.
Bei FDPNUM = 0 wird mit einem Mittelwert des Fluiddruckes zwischen Ein- und Austritt gerechnet.
Bei FDPNUM = 1 wird eine lineare Druckverteilung zwischen dem Ein- und Austritt angenommen und mit entsprechenden Druckwerten in den einzelnen Fluidelementen (Anzahl über NFLOW gesteuert) gerechnet.
Die Zeitreihen-Tabellen werden mit dem Modell zusammen abgespeichert. Über die Zwischenablage können Zellen aus den Tabellen auch nach Excel exportiert und wieder aus Excel importiert werden.
Eine Tabelle ist folgendermaßen aufgebaut:
In der Spalte A der Tabelle sind die zu berechnenden Zeitpunkte vorzugeben.
Der Abstand zwischen zwei Zeitpunkten bestimmt die Veränderung der Speicher von einem Zeitpunkt zum nächsten.
Wenn innerhalb eines solchen Zeitraums ein oder mehrere Speicherbauteile an die untere oder obere Grenze ihres Speichervermögens stoßen, nimmt die Zeitberechnung automatisch eine Aufspaltung des Zeitbereichs vor und fügt eine Zwischenzeile ein. Diese werden in der Spalte B mit einem "x" markiert.
Ab Spalte C können dann Werte definiert werden, die zum jeweiligen Zeitpunkt gesetzt oder ausgegeben werden sollen. Dabei gibt es drei Kategorien von Werten:
Vorgabewert
Der Wert wird vor der Rechnung aus der durchzurechnenden Zeile der Zeitreihe in die Schaltung in ein Profil übernommen.
Zeitabhängiger Vorgabewert
Der Wert wird vor der Rechnung aus dem entsprechenden Wert der vorherigen Zeile der Zeitreihe in die durchzurechnende Zeile kopiert und in die Schaltung übernommen. Dies ist beim Speicherbauteil 118 zum Beispiel für folgende Vorgabewerte notwendig:
LEVACT (wird von LEVNEW übernommen) PSTO (wird von PNEW übernommen) TSTO (wird von TNEW übernommen
Auch ein Feld (bzw. Kennlinie) oder eine Matrix kann ein zeitabhängiger Vorgabewert sein.
Alle zeitabhängigen Vorgabewerte können über den Menüeintrag "Bearbeiten --> Kopfzeilen aktualisieren --> Für alle Komponenten" automatisch in eine Zeitreihe eingefügt werden. Dann wird für jedes instationäre Bauteil der zeitabhängige Vorgabewert "transientstate" eingetragen. Dieser eine zeitabhängige Vorgabewert stellt die Bauteil-Ergebnisse aller zeitabhängigen Vorgabewerte diese Bauteils zum Ende eines Zeitschritts als Startwerte für den nächsten Zeitschritt zur Verfügung.
Der Wert wird nach der Rechnung aus der Schaltung in die durchgerechnete Zeile der Zeitreihe übernommen. Als Ergebniswert können auch Ausdrücke angegeben werden, die dann durch EbsScript ausgewertet werden.
Die Bauteilergebnisse enthalten Werte zum Ende des Zeitschritts
Die Leitungsergebnisse enthalten jeweils Mittelwerte eines Zeitschritts.
Zeile 1 steht für Überschriften und Bemerkungen zur freien Verfügung und wird vom Programm nicht ausgewertet.
Zeile 2 enthält den Typ und Zeile 3 die Bezeichnung der Werte bzw. den zu berechnenden Ausdruck.
In Zeile 4 kann eine Verarbeitung der Ergebniswerte durch das Zeitreihenmodul ausgewählt werden. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:
In Zeile 5 kann die Einheit vorgegeben werden. Ist das Feld leer, wird die entsprechende Standardeinheit verwendet. Die Umrechnung kann in beiden Richtungen erfolgen, wobei davon ausgegangen wird, dass der Wert in der Schaltung in Standardeinheiten vorliegt und der Wert in der Tabelle in der vorgegebenen Einheit. Die Umrechnung funktioniert auch für Ausdrücke, da diese von EbsScript stets in Standardeinheiten ausgewertet werden.
Ab Zeile 6 folgen dann die Daten der Tabelle. Die Berechnung endet, wenn in einer Zeile eine leere Zeitangabe gefunden wird.
In einem Modell können mehrere Zeitreihen abgespeichert werden. Das Anlegen einer neuen Zeitreihe erfolgt unter dem Menü "Zeitreihe" mit dem Befehl "Hinzufügen". Mit "Bearbeiten", "Kopfzeilen hinzufügen" können die Kopfzeilen mit Standardwerten belegt werden. Hierbei werden die zeitabhängigen Werte und die zugehörigen Ergebniswerte von allen Speicherbauteilen in die Tabelle eingefügt. Mit "Bearbeiten", "Zeitstempel generieren" kann auch die Spalte mit den Zeitpunkten vorbelegt werden. Dies geschieht durch Angabe einer Anfangs- und einer Endezeit und des gewünschten Zeitintervalls zwischen zwei Einträgen.
Benutzte Zeitfunktionen in der Zeitreihenberechnung
@calcoptions.res.rtimemax:
(Vorgabewert über Zeitstempel - Generierung: gewünschtes Zeitintervall zwischen zwei Zeitschritten)
rtimemax ist die Zeit, in der das Modell im aktuellen Betriebsmodus noch laufen kann. Ist das nicht der Fall, weil dieser Zeitschritt kleiner ist als das vorgegebene Intervall zwischen den Zeitschritten, wird eine Zwischenzeit gekennzeichnet mit "x" (siehe dazu, Spalte B) ausgeben, und es werden geeignete Maßnahmen zur Fortsetzung des Betriebsfalls ergriffen (z. B. wechselseitiges Beladen und Entladen von Heiß- und Kaltspeicher).
@calcoptions.res.rtime
rtime ist der Ergebniswert (Speicherbauteil) für die "verbleibende Zeit" in der z. B. ein Speicherbauteil be-/entladen werden könnte, bis der Füllstand-MIN- oder -MAX-Wert erreicht wäre.
In der Beispielschaltung "Solarfield_GeoModel.ebs" sind beispielhaft zwei Jahresdatensätze von den Standorten Usak (Türkei) und Sarroca de Lleida (Spanien) enthalten, die uns freundlicherweise von der Firma Geomodel (www.geomodel.eu) zur Verfügung gestellt wurden. Dort können Sie bei Bedarf auch Wetter- und Einstrahlungsdaten für andere Standorte erhalten.
Nach Anlegen der Tabelle empfiehlt es sich, unter dem Menüpunkt "Rechnen" zunächst "Eingabe prüfen" aufzurufen, um auf eventuelle Syntaxfehler hingewiesen zu werden. Unter dem Menüpunkt "Rechnen" wird dann auch die Berechnung gestartet, wobei wahlweise alles oder nur die markierten Zeilen oder die Zeile bis zur Markierung oder ab der Markierung oder auch nur eine einzelne Zeile durchgerechnet werden kann.
Im "Autoscroll"-Modus werden dabei die Zeilen nach oben geschoben, so dass man den Verlauf der Berechnung beobachten kann.
Die Ergebnisse sind nach der Berechnung in der Tabelle enthalten. Es besteht auch die Möglichkeit, sie in einem Diagramm darzustellen (unter dem Menüpunkt "Extras".
In den Diagrammen ist auf der x-Achse die Zeit aufgetragen, wobei der Zeitraum gewählt oder aus der Tabelle übernommen werden kann. Die darzustellenden Größen können ausgewählt und auf zwei y-Achsen verteilt werden.
Hinweis:
Die standardmäßig verfügbare Belegung der X-Achse mit den Zeitstempeln kann u.U. zu nicht korrekten Darstellungen von Ergebniswerten führen. Bei nicht äquidistanten Zeitintervallen kann der Eindruck entstehen, dass unstetige Verläufe vorliegen.
Beispiel Ausschnitt eines Zeitreihendialoges:
Die zu den Ergebniswerten „S.TAVEND“ gehörigen X-Werte starten nicht mit dem Zeitpunkt t0 (erster Zeitstempel), sondern mit dem Wert t1. Bei dem Resultat des Zeitschrittes t liegt bereits die Zeitspanne t+dt vor, d.h. die Zeile mit dem Zeitstempel 21.06.2009 00:00:00 beinhaltet das Ergebnis zum Zeitpunkt 21.06.2009 00:00:30, usw.! Während äquidistante Zeitschritte hier nur eine Verschiebung auf der Zeitachse bewirken, kommt es im Falle ungleicher Zeitschritte zu einer nicht korrekten Zuordnung der Wertepaare.
In diesem Fall muss zur korrekten Darstellung der Ergebnisse in den Diagrammen des Zeitreihendialogs für die X-Achse der Wert „A: Date/Time (at end)“ angewählt werden. Für künftige Erweiterungen steht hier außerdem der Wert „A: Date/Time (at median)“, also der Mittelwert zwischen zwei Zeitstempeln zur Verfügung.
Es gibt eine Interface-Unit "Timeseries", mit der von EbsScript aus auf den Zeitreihen-Berechnung zugegriffen werden kann.
In der Zeitreihe können im Feld B4 Kommandos eingegeben werden, um ein EbsScript auszuführen und ein Profil auszuwählen, in dem die Berechnung stattfinden soll. Die Syntax hierfür lautet:
ebsscript:"EbsScript-Name";profile:Profil-Id